Achtung gefährlich: Tellonym – anonym Feedback geben
Dass viele Jugendliche in sozialen Netzwerken unterwegs sind, brauchen wir Ihnen nicht mehr zu erzählen. Selbst wir (Erwachsenen) kommen mitunter ohne das Blaue F (Facebook) oder die Bunte Kamera (Instagram) nicht mehr durch den Alltag. Schlimm? Ja auf jeden Fall, doch es ist nicht das Ziel dieses Blogbeitrags, die grundlegende Sinnhaftigkeit dieser digitalen Angebote zu diskutieren. Viel mehr sind wir auf eine Plattform gestoßen, die wir als höchst problematisch sehen und Sie darüber gern informieren möchten: Tellonym. Der Name setzt sich aus „tell“ (engl. „sagen/erzählen“) und „anonym“ zusammen. Anders als auf den herkömmlichen Social-Media Plattformen kann man hier völlig unerkannt und anonym „Feedback“ geben. Es ist noch nicht einmal ein Nickname nötig. Jeder kann sich kostenlos anmelden. Man bekommt daraufhin eine digitale Adresse, die die Jugendlichen dann auf diversen anderen Seiten verbreiten, um so nach Feedback zu fragen. Das Prinzip kann man sich am besten wie einen digitalen Briefkasten vorstellen – nur ohne Absender. Jeder, der die individuelle Adresse des Empfängers kennt, kann Nachrichten verfassen.
Woher kommt diese Plattform? Tellonym scheint aus dem österreichischen Raum zu kommen. Ein Jahr nach der Gründung im Jahr 2016 verzeichnet man ca. 700.000 Nutzer (zwischen 13 und 24 Jahren alt) mit einem täglichen Zuwachs von 5.000-10.000 pro Tag (Stand: Mai 2017). Eine Initiative der saferinternet.at-Seite gab in ihrem Jugend-Internet-Monitor 2018 bekannt, dass Facebook in der Beliebtheit auf Platz 5 abrutschte mit nur 53% Zuspruch. Dagegen gewannen WhatsApp mit 85%, YouTube mit 81%, SnapChat mit 59% und Tellonym mit 12% auf ganzer Linie. Letztere ist für Personen geschaffen wurden, die wissen wollen, was andere über sie denken und für Menschen, die Feedback nicht direkt ins Gesicht sagen möchten. Viele fühlen sich sicher durch die Anonymität des Internets. Das Vorgänger Modell ist „Ask-Fm“, was Sie vielleicht schon einmal gehört haben. Die Plattform war solange sehr populär, bis sich 2013 eine Schülerin (14) aus Großbritannien das Leben nahm. Sie wurde unnachgiebig auf dieser Plattform gemobbt. Da halfen auch kein Häkchen vor dem Absenden der Nachricht bei „Ich verspreche, dass ich höflich bin“, sowie das Häkchen „Ich bin mindestens 13 Jahre alt.“, was das Programm standardmäßig verlangt.
Genau aus diesem Grund sehen wir die Plattform Tellonym als höchst dramatisch und bedenklich. Die Entwicklung geht dahin, dass Jugendliche um jeden Preis nach Anerkennung und Lob streben. Diese Absichten können dann aber eben auch unerfüllt bleiben oder sogar, und das ist noch sehr viel problematischer, ins Gegenteil übergehen.
Tellonym gab an, dass sie täglich ca. 200 Nachrichten, die Nutzer als „unangemessen“ melden überprüfen und ca. 60% werden schließlich gelöscht. Wenn wir uns nun überlegen, dass bei 700.000 Nutzern (Stand: Mai 2017) ungefähr 120 Nachrichten pro Tag gelöscht werden, können wir die Bemühungen der Firma eine Mobbingfreie-Plattform zu schaffen, nicht ernstnehmen. (Cyber-) Mobbing, ist ein ernstzunehmendes Phänomen, welches wir im Auge behalten müssen, um unsere Azubis, Schüler, Kinder oder Enkel davor zu schützen. Es wird auf Dauer nicht reichen sich zurückzulehnen und zu sagen „Ich kenn´ mich damit eh´ nicht aus.“ Jugendliche brauchen unsere Unterstützung, da sie meist gar nicht wissen, welchen Abgründen sie sich mit solch einem anonymen Briefkasten aussetzen. Da sind Kommentare über Figur und Aussehen noch das Harmlosere im Vergleich zur Aufforderung eindeutig sexueller Handlungen oder brutaler Erpressung und Diffamierung.
Was kann man gegen diese Angriffe tun? Das Unternehmen gibt selbst zu, dass es sich sehr schwer tut die 24h einzuhalten, die vom Gesetzgeber vorgegeben sind, um gemeldete Kommentare zu prüfen. Besonders schwierig ist die Handhabe dann, wenn die Meldung von Dritten erfolgte und nicht vom Betroffenen selbst. Jedoch könne das Unternehmen die IP Adresse des Mobbers auf Tellonym sperren lassen. Ein erster Lichtblick, wie wir finden. Doch schließlich bleibt dann nur noch der Gang zur Polizei, um den Tätern vollends auf die Schliche zu kommen. Betroffene sollten sich in allen Fällen an Vertrauenspersonen oder an externe Hilfsorganisationen wenden, die sie mit dem Problem nicht allein lassen. Klicken Sie hier, um direkt zu einer Seite mit einem „Erste Hilfe“-Angebot zu gelangen.
Im August werden wir das Thema Mobbing erneut aufgreifen und auf diverse Präventionsmaßnahmen eingehen, die Ihnen in Ihrer täglichen Arbeit helfen sollen. Kontaktieren Sie uns bei Fragen oder, falls Sie/Ihre Azubis Unterstützung benötigen.